Skip to main content
Tapas und Merlot

Tapas und Merlot

By Julius Krämer, Jakob Uhlig

Ist das noch Underground oder schon Feuilleton? In „Tapas und Merlot“ diskutieren die Musikjournalisten Jakob und Julius ohne erhobenen Szene-Finger über alternative Musik. Fernab von Band-Gossip sezieren die beiden Folge für Folge ein Album bis auf seine Grundbestandteile, geraten regelmäßig in endlose Monologe über unhörbare Akkordwechsel und setzen die Platten stets in großformale Kontexte zeitgenössischer Popkultur. Entgegen jedem Nerd-Gehabe ist "Tapas und Merlot" das Herzensprojekt zweier Musik-Enthusiasten und für die besprochenen Platten die verkopfte Würdigung, die gerade noch fehlt.
Available on
Apple Podcasts Logo
Spotify Logo
Currently playing episode

Polyphias "New Levels New Devils": Die Zukunft der Instrumentalmusik?

Tapas und MerlotMar 30, 2021

00:00
01:31:04
Polyphias "New Levels New Devils": Die Zukunft der Instrumentalmusik?

Polyphias "New Levels New Devils": Die Zukunft der Instrumentalmusik?

Während Popmusik von jeher vokal geprägt ist, verlieren sich die rein instrumentalen Ableger oft entweder in Lofi-Beats-Hintergrundbeschallung oder übertechnisierten Prog-Opern. Die Texaner Polyphia konnten 2018 jedoch ihren Djent-Hintergrund mit einer zunehmenden Rap-Sozialisation verbinden und auf "New Levels New Devils" eine wegweisende Richtung aus instrumentalem Trap vorgeben, die in dieser Soundästhetik bisher ihresgleichen sucht. Anhand dieser möglichen Blaupause für zukünftige nicht-vokale Musikbewegungen erörtern wir nicht nur den derzeitigen Stand instrumentaler Musik, sondern auch den Einfluss von 808s und Elektronik auf klassische Rockbands und DAW-Projektdateien als die möglichen Partituren der Gegenwart. Wir fragen uns: Kann die textlose Musik wieder zeitgeistig werden? Und können wir mit dem neuen Polyphia-Album vielleicht gar den Schritt in ein neues Instrumental-Zeitalter beobachten?

Mar 30, 202101:31:04
Lingua Ignotas "Caligula": Die Ästhetik hässlicher Musik

Lingua Ignotas "Caligula": Die Ästhetik hässlicher Musik

Was ist schön und was ist hässlich? In der Kunst wie im echten Leben ist das oft eine Frage des subjektiven Geschmacks, fällt in der Betrachtung von Musik dann aber doch mit erstaunlicher Schlagseite in eine bestimmte Richtung. Denn hässliche Musik, so geben es uns viele ästhetische Ideale europäischer Klangtraditionen seit Jahrhunderten vor, ist schlechte Musik, Schönheit ist das über allem stehende und zu erreichende Ideal. Wir aber fragen uns zu Beginn der neuen Staffel von Tapas und Merlot: Kann ein Song nicht gerade auch wegen seiner Hässlichkeit herausragend sein? Als einschneidendes Fallbeispiel dient in dieser Debatte Lingua Ignotas "Caligula", ein Album, das mit dem Blick auf psychische und physische Gewalt nicht nur enorm unangenehme Themen verhandelt, sondern diese auch auf eine Weise vertont, wie sie der Hässlichkeit des Inhalts angemessen ist. Der virtuose Spagat zwischen der Bezugnahme auf die der immerwährenden Schönheit frönenden Orchestermusik und ihr gleichzeitiger Bruch durch exzeptionelle Noise-Fragmente sorgt dabei nicht nur für ein enorm eindringendes Hörerlebnis, sondern bietet auch Raum für viele Fragen. Können Künstler*Innen heute noch echte musikalische Skandale erzielen? Unterscheiden sich die Schönheitsideale in der Musik von anderen Kunstformen? Oder noch viel grundsätzlicher: Kann Kunst überhaupt hässlich sein?

Jan 04, 202101:27:19
Zeal & Ardors "Stranger Fruit": Das Erbe afroamerikanischer Musik

Zeal & Ardors "Stranger Fruit": Das Erbe afroamerikanischer Musik

Der jüngste Aufschwung der "Black Lives Matter"-Bewegung sorgte in zahlreichen Teilen unserer Geschichte für eine neue Reflektion scheinbar zementierter Gepflogenheiten. Statuen mit rassistischem Hintergrund wurden versenkt, Whitewashing wird endlich wieder thematisiert und auch die Musik muss sich nicht erst seit dem Tod von George Floyd fragen, ob sie schwarze Musiker*Innen und deren Erbe ausreichend würdigt. Zeal & Ardors "Stranger Fruit" drängt sich für ein Gespräch in diesem Kontext aus vielfältiger Hinsicht auf. So entstand nicht nur das gesamte Projekt im Grunde als Reaktion auf eine rassistische Provokation, es vereint darüber hinaus eindrücklich Elemente aus Gospel, Blues und Black Metal - also Einflüsse aus ganz unterschiedlichen musikalischen Zeiten, die sich aber alle unmittelbar oder mittelbar auf die im Zuge der Versklavung von Schwarzen entstandenen Worksongs zurückführen lassen. Nicht zuletzt referenziert sogar der Titel von "Stranger Fruit" einen Jazz-Klassiker von Billie Holiday, der schon gegen Ende der 1930er Jahre ein erschütterndes Zeugnis der rassistischen Verfolgung Schwarzer darstellte. Wir fragen uns deshalb: Wie lassen sich die satanischen Soundwelten von Zeal & Ardor im Auge der "Black Lives Matter"-Bewegung deuten? Wieso ist schwarze Musikkultur so wichtig für quasi alle Arten von Popmusik, mit denen wir heute tagtäglich beschallt werden? Und wie erfahrbar kann Musik ganz generell die vielen Gräueltaten machen, die die Menschheitsgeschichte im Lauf der Jahrhunderte hervorgebracht hat? Eine Spurensuche, bei der wir alle noch lernen.

Aug 03, 202001:16:26
Enter Shikaris „Nothing Is True & Everything Is Possible“: Der Tod des Genres?

Enter Shikaris „Nothing Is True & Everything Is Possible“: Der Tod des Genres?

Die Geschichte der Popmusik weist für den mittlerweile fast zur kämpferischen Phrase mutierten Ausruf des Genre-Tods etliche Beispiele auf. Auch Enter-Shikari-Sänger Rou Reynolds hat die Konventionen musikalischer Gattungen schon mehr als einmal für veraltet erklärt. Das neue Album seiner Band scheint diese Haltung zu verkörpern wie kaum eine andere Platte der jüngeren Vergangenheit. Auf „Nothing Is True & Everything Is Possible“ stehen Rave-Rock, Jazz-Walzer oder sogar reine Orchesterwerke nicht im Widerspruch zueinander, sondern geben sich wie selbstverständlich die Hand, ohne dabei ein eigenständiges und markantes Klangbild zugunsten von verrückten Kombinationsspielchen aufzugeben. Julius und Jakob bringt das zu einer intensiven Diskussion über oft verpönte Versuche, Musik kategorisch zu beschreiben. Manifestieren sich in Enter Shikaris Werk nicht gerade durch die spektakuläre Gegenüberstellung scheinbar konträrer Welten die Klischees einzelner Genres umso stärker? Sind es die Künstler*Innen oder das Publikum, die für verallgemeinernde Konstrukte im Diskurs sorgen? Ist Genre-Denken beim Komponieren hinderlich oder entstehen durch das bewusste Verstehen des Repertoires gerade erst die spektakulärsten Neuschöpfungen, wie es das Beispiel Zeal & Ardor zeigt? Und wie sehr spielen eigentlich jahrhundertealte Konventionen aus der klassischen Musik bei Enter Shikari und in der Popmusik im Allgemeinen heute noch eine Rolle? Ein 90-minütiger Talk in Schubladen, aber ohne Scheuklappen.

Jun 14, 202001:26:26
Bilderbuchs "Schick Schock": Wie progressiv kann Mainstream-Pop sein? (Gast: Zebo Adam, Produzent)

Bilderbuchs "Schick Schock": Wie progressiv kann Mainstream-Pop sein? (Gast: Zebo Adam, Produzent)

Sobald es um Pop geht, rümpfen geschmacksbewusste Musikinteresserierte oft die Nase. Dass neben kurzweiligen Chart-Erfolgen auch eine Fülle an zukunftsweisender, ambitionierter Mainstream-Kunst den Soundtrack unserer Zeit prägt, versuchen Jakob und Julius dieses Mal anhand des Erfolgsalbums "Schick Schock" der österreichischen Pop-Grenzgänger Bilderbuch zu verdeutlichen. "Wir wollten etwas Zeitloses schaffen" sagt auch ihr Produzent Zebo Adam, der als Interview-Gast im Vorfeld eine Fülle an spannenden Gedanken zu Popmusik und Erfahrungen aus der Zeit mit der Band beisteuern konnte. "Schick Schock" sorgte 2015 schließlich mit einem durchtriebenen Mix aus Falco-Groove, modernem HipHop, Autotune und ausschweifenden Gitarrensolos für einen Hit nach dem anderen: "Maschin", "Schick Schock" und später "Bungalow" sind aus dem kollektiven musikalischen Gedächtnis des deutschsprachigen Raums seitdem nicht mehr wegzudenken. Dass mit Künstlern wie Bon Iver oder Kendrick Lamar vor allem die US-Amerikaner Unzugänglichkeit und künstlerische Ambition im Mainstream wertschätzen, und warum Rap in den letzten Jahren progressivere Gestalten annahm als Rockmusik - Jakob, Julius und Zebo erzählen es euch. (Falls ihr direkt zum Bilderbuch-Talk mit Zebos Beteiligung skippen wollt: Los gehts ab 22:40).

Apr 23, 202001:33:59
Touché Amorés "Stage Four": Das Dogma des Geschichtenerzählens

Touché Amorés "Stage Four": Das Dogma des Geschichtenerzählens

Mit dem 2016er Emocore-Meisterwerk "Stage Four" veröffentlichten Touché Amoré unbestreitbar eines der eindringlichsten Alben über Trauer und Verlust aller Zeiten. Ihre vierte Platte landete in ihrem Erscheinungsjahr auf zahlreichen Jahres-Top-Listen weit oben, wurde vom VISIONS Magazin kürzlich sogar zu einem der besten Alben des Jahrzehnts gekürt und gilt als absolute Sternstunde melodischen Hardcores. Interessant, dass in der Rezeption trotzdem wenig über Musik, sondern vielmehr über die Mutter von Jeremy Bolm geredet wird, deren Krebstod auf dem Album eindringlich behandelt wird. Julius und Jakob bringt das zu einer kontroversen Diskussionen über eine der wichtigsten Grundfragen der Kunst: Geht ein Werk in seiner Bedeutung über die Intention des Künstlers hinaus? Sind klare Aussagen über künstlerische Ideen überhaupt möglich? Und ist es wichtig, für das Verständnis eines Albums die Perspektive seines Urhebers einzunehmen oder verdirbt dieser Blickwinkel gar den Wert der Kunst? Im Gespräch erörtern die beiden dabei vielschichtige Sichtweisen auf diese Problemstellungen und streifen nicht nur die radikalen Thesen des französischen Literaturkritikers Roland Barthes', der Mitte der 60er sogar für den "Tod des Autors" plädiert hatte, sondern lassen den Blick von David Bowie bis hin zu Queen auch über andere große Geschichten der Pop-Historie schweifen. Am Ende steht eine intensive und differenzierte Debatte über ein gleichsam kompliziertes wie emotionales Thema und die Suche nach den Ursprüngen menschlichen Verlangens nach trauriger Musik, die in der Erhabenheit von "Stage Four" aber schlussendlich ihren gemeinsamen Nenner findet - aus ganz unterschiedlichen Gründen.

Mar 30, 202001:28:40
Ho9909s "United States of Horror": Wie Rap den Punk wiederbelebt

Ho9909s "United States of Horror": Wie Rap den Punk wiederbelebt

"I think rap music is the only vital form of music that has been introduced in a long time since punk rock" stellte Kurt Cobain schon Anfang der 90er fest, und auch wir fragen uns in dieser Folge: Wie geschieht die Vermählung zweier Genres, deren Attitüde und Entwicklungen einerseits von unübersehbaren Parallelen gekennzeichnet sind, andererseits aber offensichtliche Differenzen aufweisen? Welche Konsequenzen birgt das für die jeweilige Musik und Kultur? Vom frühem Crossover von Rage Against The Machine über die Emo-Rap Welle um Lil Peep rollen wir die Geschichte gitarrenlastigen HipHops neu auf und nehmen als aussagekräftigstes Album dieser Thematik das Debüt "United States Of Horror" des Hardcore-Rap-Duos HO99O9 auseinander, das mit seinem widerspenstig-mächtigem Ungetüm aus verzerrtem Trap, Horror-Ästhetik und klassischem 80er-Hardcore-Punk die Klangwelten von Death Grips und Black Flag vereint. Ist Rap der neue Punk? Haben beide Jugendkulturen noch etwas von ihrer ursprünglichen gesellschaftspolitischen Sprengkraft? Und wieso beleben Rapper auf einmal wieder den ausgestorben geglaubten Pop-Punk? Tapas und Merlot stellt die richtigen Fragen, und manchmal haben Jakob und Julius auch die ein oder andere überraschende Antwort parat.

Feb 20, 202001:34:56
Heisskalts "Vom Wissen und Wollen" - das beste Post-Hardcore-Album der 2010er?

Heisskalts "Vom Wissen und Wollen" - das beste Post-Hardcore-Album der 2010er?

In der ersten Folge von "Tapas und Merlot" sprechen Julius und Jakob über Heisskalts (mögliches) Opus Magnum und bedienen damit gleich die Band-Reminiszenz im Podcast-Titel. Grundlage der Diskussion ist das jüngst verstrichene Jahrzehnt und die Frage nach Heisskalts Bedeutung in der neuen deutschen Post-Hardcore-Welle. Lässt sich "Vom Wissen und Wollen" mit all seinen Raffinessen und klanglichen Extravaganzen überhaupt noch als Teil des Fjørt-Sounds begreifen? Warum bezeichnet Jakob die Platte kühn als das "To Pimp A Butterfly" des Post-Hardcores? Wie konnten sich Heisskalt vom vergleichsweise geradezu banalen Alternative Rock ihrer ersten EP zu einer der verquer denkendsten Bands Deutschlands entwickeln? Wie gelingt der Band so meisterhaft der Spagat zwischen Minimalismus und Bombast? Und ist mit "Vom Wissen und Wollen" tatsächlich der Gipfel von allem erreicht, was diese deutsche Subszene je hervorgebracht hat? Eine Diskussion im Feld zwischen popkultureller Avantgarde und persönlicher Liebe.

Jan 16, 202001:18:28