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Zettel und Zeilen

Zettel und Zeilen

By Kerim Mallée

Vertonte Gedichte und Kurzgeschichten.
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Ein Atemzug in der Stille zwischen Regentagen

Zettel und ZeilenDec 18, 2019

00:00
01:48
Die Welt in einer Manteltasche

Die Welt in einer Manteltasche

In meinen Lungen warten noch so viele Worte, 

die wichtig sind auf ihren Auftritt,

Doch das Zugfenster zwischen 

uns lässt nur Lippenbewegungen zu.

So zufrieden wie nie und gleichzeitig 

hätte ich von allem, 

gerne noch mehr gehabt.

Noch eine Zigarette am 

Küchentisch vor dem  Schlafengehen.

Noch einmal jede deiner Bewegungen 

in der zu engen Badewanne spüren, 

während das Plätschern des Wassers 

von den Badezimmer-Kacheln hallt.

Noch einmal dein verschlafenes Gesicht 

nach dem Aufwachen sehen 

und nicht sicher sein, 

ob du im Schlaf sprichst, 

oder bereits mit mir.

Noch einmal spüren, 

wie sich unsere Hände in meiner 

Manteltasche 

berühren, während der Schnee unter 

unseren Schuhen knirscht und 

Hundegebell übers Feld klingt.

Noch einmal auf den Lehnen einer Parkbank 

sitzen, weil die Sitzfläche selbst 

voller Eis ist.

Eine Woche, war so lang 

und viel zu kurz zu gleich.

Dein Lächeln fühlt sich an wie Trost, 

deine Arme wie ein Heim.

Meine Schultern schmerzen weniger von dem Gepäck, 

das ich mitnehme und mehr von dem, 

das ich zurücklasse.

Ich versuche mir vorzustellen, 

wie ich deine Hand wieder halte, 

diesmal nicht in einer Manteltasche, 

weil es dann wärmer ist und der Wind sich 

mehr nach Lachen anfühlt, als nach Winter 

und nach Sonnencreme und Sommer riecht.  


Feb 27, 202101:46
Wie ein Feuer am Waldrand

Wie ein Feuer am Waldrand

Gedanken, so verschwommen

Wie weiße Hunde in sibirischem Schnee.

Die Luft undurchsichtig vom Regen, 

der die Nähe meines Körpers sucht,

Wie Meteoriten den Einschlag:

Ein stürmisches Spiegelbild 

der Unruhe in meinem Kopf.

Und zwischen der Unruhe, 

Inseln der Konzentration:

Deine Haut, die die Kälte fernhält,

Wie ein Feuer am Waldrand.

Mein Bewusstsein, das mit allen Sinnen 

Nach dir tastet, wie mit unterschiedlichen Händen,

Wie nach Bedeutung mit unterschiedlichen Sprachen,

Nach schlichten Wahrheiten, wie dem Moos

Auf den Küstenfelsen und dem Gras auf den Dünen,

Dem salzigen Wind, der deine Worte,

Jedoch nicht dein Lächeln verschluckt,

Während deine Füße unter den hochgekrempelten Hosenbeinen,

Zentimeter tief im Watt versinken. 


Jan 17, 202101:00
Lampenfieber

Lampenfieber

Eine kurze Vorstellung

bis die Scheinwerfer 

des vorbeifahrenden Wagens, 

mich für Momente blind 

in die Nacht entlassen.

Aus dem Lärm des Sturmes,

in die Stille unter den Wellen.

in die Stille, 

in der Entscheidungen entstehen,

wie es anderswo Gefühle tun. 

wie es anderswo Gedichte tun.

Die ein bereits zum Scheitern 

verurteilter,

doch gerade deshalb schöner, 

Versuch sind,

die verletzliche Oberfläche 

der Wahrheit zu enthüllen,

auf eine Art, wie es die 

zögerliche Sprache 

eigentlich nicht kann:

konsequent wie es Autoscheinwerfer 

tun:

zu hell, als dass, 

Augen es sehen könnten

und zu schnell, 

als dass es irgendwer verstünde.

Dec 11, 202001:02
Von einem Kontinent zum nächsten

Von einem Kontinent zum nächsten

Ehe vom Tag ein blasses Rosa bleibt,
Ehe der ausblutende Himmel blaugrau und
Dann Dunkel wird:
Die letzte richtige Glut des Jahres,
Die im gleichen Rot schimmert,
Wie jene Fragmente von Tagen,
Als die Sommersonne hinter den nur leicht
Geschlossenen Lidern
Leuchtete.
Und diese Ähnlichkeit,
Spannt eine Brücke aus Assoziationen
über die Zeit,
Zu den verschwommenen Umrissen,
Eines nur wenig jüngeren,
Doch so ganz anderen Selbsts,
Die man wie ein unscheinbares Fossil
Am Straßenrand aufliest,
In der Klarheit eines fragilen Moments.
Ehe der Tag in sich zusammenstürzt,
Weil der Himmel zu leicht ist, ihn zu halten,
Und die Straßenlaternen,
Welten mit viel kleinerem Radius auf das
Pflaster zeichnen,
So, dass zwischen Schritten,
Kontinente liegen.

Dec 07, 202001:07
Die unverständliche Zeit

Die unverständliche Zeit

Zeit verstehen können nur die Uhren, 

doch dem Menschen ist sie fremd,

der sich in ihr bewegt wie auf einem Jahrmarkt:

Der Abend ist jung, alles ist einfach.

Aber was deutlich war, verschwimmt zu

Einer Welt im Vorübergehen.

Zuckerwatte knistert lauter 

als Auto-Scooter zusammenstoßen 

und 

Gebrannte Mandeln, die nach Karamell schmecken,

Lebkuchen, der nach Honig riecht,

Sägespäne, die unter den Schuhsohlen wispern,

das alles ist eins und doch für sich,

so wie das Gefühl, 

dass es in den nächsten Tagen noch regnen wird.

Erleichterung für unsere Seelen

die vor den Küsten in der Luft baumeln, 

dort mit den Triebwerken der Flugzeuge tanzen.

Die Welt nimmt unsere Farbe an, 

unseren Geruch und unseren Klang 

und wo die Wellen an den Küsten brechen 

finden sich im Rauschen unsere Stimmen.

Die unverständliche Zeit ist alles was wir haben

und der Himmel, der an Regentagen blutet,

damit wir nicht in ihm ertrinken.

Aug 28, 202001:17
Hinter verschlossenen Türen

Hinter verschlossenen Türen

Die Märchen die,
die Henker dieser Stadt ihren Kindern
vor dem Schlafen vorlesen,
Sind die gleichen wie die von allen Eltern.
Die von glücklichen Ehen und absoluter Autorität.
Die, dass Eltern irgendetwas anderes wären,
Als fehlbare, sterbliche, gewöhnliche Menschen,
Die am Ende selbst vorm Henker stehen.
Dass du dein Glück schon in den Händen hältst,
Wenn du nur hart genug daran arbeitest.
Dass wir in einer Welt lebten,
In der wir alle gleich sind.
Glückliche Familien sind alle gleich.
Aber hinter verschlossenen Türen
Ist dieses Glück ein fragiles Gut.
Und dennoch gibt es so etwas wie vollkommene Tage.
Ich denke an die Möglichkeiten.
Ich denke an die Welt da draußen:
An Fledermäuse, die sich an Kakteen hängen,
wie Vorhänge an die Fenster in unserem Schlafzimmer.
Mein Lächeln gilt dem nächsten Tag.
Auch wenn es Tage, Wochen dauert.
Selbst heiße Wüstenluft ist frisch,
Wenn sie beim Steigen nicht an Zimmerdecken stößt.
Kerim Mallée
Jul 11, 202001:22
Die wiedergefundene Zeit im Bücherregal

Die wiedergefundene Zeit im Bücherregal

Zeit ist launisch,
Wankelmütig und auch sprunghaft.
Sie schleicht, versteckt sich und verschwindet,
Verweilt und begegnet uns von neuem.
Ich fand meine alten Tagebücher
Und ich fand mich im Gespräch,
Mit einem jüngeren Selbst.
All die Veränderungen die ich übersah,
Weil sie schleichend stattfanden,
Nicht sprunghaft,
Waren deutlich, denn es war,
Als wär’ ich selbst in der Zeit zurückgesprungen.
Einsamkeit ist keine Folge räumlicher Entfernung,
Sondern ein Produkt der Zeit.
Wir vermissen Menschen nicht,
Weil sie weiter von uns entfernt sind als andere,
Sondern weil sie jetzt nicht da sind, wo wir sind.
Ich schließe wieder Freundschaft mit einem
fremden Gestern und finde meine Worte dort stehen,
wo ich sie zuletzt verließ.
Diese Bücher sind eine Welt im kleinen,
Die schnell riesig wird,
Weil man sich in ihr auf Zehenspitzen bewegt,
So seltsam darin geht, wie in einem neuen Paar Schuhe,
Oder wie die pinken Flamingos durchs blaue Wasser schreiten,
Und sich gleichzeitig so vertraut fühlt,
Wie beim Gedanken an einen lieben Menschen,
Wie bei Regentropfen auf der Haut und der
Frischen Luft, die einen Raum flutet.

Kerim Mallée

Jun 22, 202001:37
Alles, unter der Fensterbank

Alles, unter der Fensterbank

Durch die offenen Fenster dringt die kühle Luft
des Tages nach dem Regen,
darin klingt der Verkehrslärm sanfter und freundlicher.
Statt dem trockenen Staub der Baustellen,
von dem sonst am Ende der Woche die Fenster wieder trübe sind,
steigt der butterweiche Geruch von Löwenzahn herauf,
der in den Bordsteinfugen und den winzigen Grünflächen
am Straßenrand, den Regentau im Wind abschüttelt.
Rechts: Der Weg zum Wald, wo die Geräusche schwächer,
aber der Duft des Regens stärker wird.
Links: Die Straßenbahn-Station ins Herz der Stadt,
das vorübergehend leise schlägt,
doch schlägt.
Und wenn man die Straße überquert,
den Hügel hinabgeht,
dann kommt man zum Bahnhof,
wo Züge warten,
wie ein versprochenes Wiedersehen mit Freunden,
deren Lachen irgendwann wieder so deutlich klingen wird,
wie jetzt das Geräusch der abfahrenden Straßenbahn.

Kerim Mallée

May 25, 202001:20
Wenn alles vorüber ist, ein Tag am Meer

Wenn alles vorüber ist, ein Tag am Meer

Der Gedanke ans Meer ist mir ein Trost:
Irgendwann wieder barfuß,
mit hochgekrempelten Hosenbeinen
Durchs kühle Watt zu stapfen.
Dabei die Socken trocken in den Schuhen wissend,
dort wo die Wellen noch nicht dunkel
den Sand geglättet haben.
Die Luft riecht salzig und nach Algen,
in meinen Ohren ab und an ein Möwenschrei,
Klebriger Sand an meinen Füßen
und auf der Haut der raue Wind.
Unsichtbar in der Ferne:
Strände fremder Küsten,
an denen Menschen gehen, die Dänisch
oder Englisch sprechen,
doch was ich gerade fühle,
haargenau verstehen.

Kerim Mallée

May 08, 202000:50
Tinte ist gnädig

Tinte ist gnädig

Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung,
Ein sehr langer Begriff, um die Grundproblematik
meines Alltags auszudrücken:
Mein Stoffwechsel baut Dopamin schneller ab,
Als bei anderen Menschen.
Ohne Medikamente geht mir bei den meisten Tätigkeiten,
Auf halber Strecke der Sprit aus.
Medikamente helfen zu funktionieren.
Das Schreiben hilft mir auch dabei.
Papier ist gnädig, es erinnert leichter.
Die Worte verschwinden nicht, nur weil du kurz an
Etwas anderes denkst.
Jedes geschriebene Wort ist wie ein weiterer Haken,
Den man in die Felswand klopft an der man mühselig entlang
Kraxelt. Wie ein weiterer Schützengraben,
Den man ins Niemandsland schaufelt,
Hinter dem für mich der Wunsch liegt,
Noch mehr und noch weiterzuschreiben.
Also habe ich geschrieben,
Ich habe das Blut vergifteter Gedanken,
Aufs Papier tropfen lassen, um es von meiner Seele fernzuhalten.
Wie passend, dass Tinte ebenfalls in Patronen kommt.
Sie ist keine gewöhnliche Flüssigkeit:
Dunkel und undurchsichtig, aber vermag es, Klarheit zu schaffen.
Und was auf dem Papier wächst, blüht schöner,
Als es in Vasen jemals blühen könnte.

Kerim Mallée

Apr 27, 202001:48
Déjà-vu

Déjà-vu

Es ist lange her,
aber jetzt fühle ich mich wieder als wäre ich selbst.
Vertraut in meiner Haut.
Auch wenn ich mich in manchen Nächten,
Immer noch genervt von einer Seite auf die andere drehe,
Ähnelt der Abdruck in der Matratze nun mehr einem Menschen,
Als einem Schneeengel.
Die gestrichelten Linien an den Umrissen meines Ichs
sind nun dichter.
Wenn auch nicht komplett durchgezogen,
Ich bin noch ohne Plan, aber mit Hoffnung,
Auf Gutes, das da kommt.
Das muss fürs Erste reichen.
Manchmal kriegen wir nicht heraus,
was wir sagen müssen, obwohl wir es wissen,
weil unsere Zunge in Schlafparalyse verfällt.
Weil, so bescheuert es klingt,
Gut Ding eben doch Weile braucht.
Nicht alle Lieder wollen gesungen werden.
Manche sind leise und verstecken sich im Detail.
Sie warten in der Luft zukünftiger Sommertage
und in den Poren deiner Haut.
Sie warten im Äther und
im Knistern alter Transistor-Radios.
Ein Flüstern irgendwo zwischen
dem Rauschen der kosmischen Hintergrundstrahlung.
Aber wenn du sie hörst, dann ist es immer wie ein Déjà-vu.
Kerim Mallée
Mar 24, 202001:24
Auf lange Sicht gesehen

Auf lange Sicht gesehen

Auf lange Sicht gesehen,
war Traurigkeit immer nur ein kurzer Gast.
Man hat sie alle verkraftet und nicht verkraftet zugleich:
Die falschen und die richtigen Menschen,
Da man sich hauptsächlich ins Chaos verguckt hat
Und selbst das Chaos war.
Weil einem der eine Tropfen Blut im Haifischbecken notwendig schien,
Aus den gleichen aberwitzigen Gründen
Aus denen man Korean Hot Sauce oder Tabasco auf Pizza träufelt:
Weil man a) die verrücktesten Sachen beizeiten für sinnvoll hält,
b) nicht ganz nüchtern ist
Und c) seinem Bauchgefühl folgt.
Doch auch wenn die Mischverhältnisse immer noch
Kraut und Rüben sind,
Fühlen sich die Zutaten zur Zufriedenheit richtig an:
Neugier,
Feindschaft bis in den Tod mit dem verfickten Perfektionismus
Und Freunde,
Die dich lieben,
Bullshit aber auch beim Namen nennen.
Kerim Mallée
Mar 24, 202001:10
In der Stille

In der Stille

Und es sind die gleichen Ideen,
zu denen man immer wieder zurückkehrt,
wie kratzende Finger zu einer Narbe,
die immer noch juckt.
In der Stille warten die Geheimnisse,
nicht sichtbar, aber doch zu spüren,
wie schüchterne Körper unter Bettdecken.
Geständnisse in Zeichensprache,
Damit sich Wahrheit nicht durch Schall verbiegt.
In der Stille warten die Geheimnisse.
Auf deine Worte,
auf deinen Willen sie in Lärm zu verwandeln,
den sogar die tauben Ohren dieser Welt verstehen.
Kerim Mallée
Mar 24, 202000:43
So vergeht der Ruhm der Welt

So vergeht der Ruhm der Welt

Von manchen Nächten erholt man sich nicht.
Und am Morgen den richtigen Zug zu erwischen,
scheint unmöglich.
Zuvor hat man den Göttern geopfert,
doch sie antworten nur mit Schweigen.
Die rostigen Güterzüge warten im Depot in Sichtweite,
Wie gigantische Bügeleisen auf die Wärme,
Die nötig ist, um die Falten der Erde glatt zu bügeln.
Wie gläubige Menschen auf dem Sterbebett,
auf ein Leben danach.
“Stirb jung und rette dich selbst.”
Steht an einer Wand.
Die Stadt, eine Maschine aus Nägeln und Eisen,
Ein Fließband, das Schmerz in Hass verwandelt.
Einsamkeit steht in keinem Zusammenhang
Mit der Menge an Menschen um einen herum.
Jeder, der den Schiffen auf Rädern lang genug
Zugesehen hat, wie sie vor Ampeln ankern,
Kann dir sagen,
Dass man sehr wohl in einem Meer aus Asphalt ertrinken kann.
So vergeht der Ruhm der Welt.
Und es dauert noch ewig, bis der Zug kommt.
Kerim Mallée
Mar 11, 202001:12
Wäre da nicht der Salzgeruch

Wäre da nicht der Salzgeruch

Wenn Brustkörbe Zellen und Rippen
Gitterstäbe sind,
Ist deine Stimme ein Fluchtversuch,
Deine Worte ein Labyrinth und du
mehr als manchmal ein Rätsel für mich.
Es ist neblig und die Fahrbahn in die Freiheit ist
Sowieso schon schwer genug zu erkennen,
Auch ohne die Stimmen all der Teufel
Und Götter, die sich auf der Rückbank
Streiten wie Kinder.
Wir sitzen am Pier, die Handflächen
auf dem feuchten kalten Holz.
Kein Stern ist zu sehen und wir schauen den
Booten zu, wie sie wenige Meter vor uns
im Nebel verschwinden.
Wir wollten die Welt sehen,
Das Meer könnte ebenso gut ein See sein,
Wäre da nicht der Salzgeruch.
Freudlos sind wir,
laut und können schreien.
Doch heute schließt du deine Lippen,
wie ein Buch seine Seiten,
denn manchmal reicht es
Gerade nur für ein Schweigen.

Kerim Mallée

Feb 08, 202001:06
Irgendwo im Innern

Irgendwo im Innern

Während ich von den Geistern all der Menschen zehre,
Zu denen ich nie wurde,
Ziehst du mit deinem Blick Messer aus meinem Fleisch
Und verschließt Wunden, wo Stahl zu Leere wird.
Meine Gedanken sind irgendwo.
Nicht hier bei dir, obwohl sie dort sein sollten,
Obwohl sie dort sein wollen,
Obwohl sich mein Körper so fühlt,
Als wäre er endlich am Ziel.
Doch meine Konzentration ist irgendwo
auf der Strecke geblieben.
Ich habe Angst vorm Sterben,
Denn wenn schlagende Herzen nicht mehr sind,
Bleiben nur noch die Geister schlechter Absichten,
Die von einer Wolke zur anderen schleichen,
Damit man sie vor dem blauen Rundbogen des Himmels
Nicht sieht.
Reservisten hinter den blinden Flecken in meinem Sichtfeld
Und ich habe Angst.
Das Wasser ist unruhig und kleine Wellen
Umkreisen deine Finger.
Obwohl ich noch nicht gehen muss,
Sind meine Gedanken bereits fort.
Hinter uns,
Über uns,
Vor uns steht die Stadt in Flammen,
Wie wir es immer wollten
Und auch der Boden ist schon warm.
Wir sind bereits ganz woanders und
Immer noch ein bisschen hier.
Kerim Mallée
Feb 03, 202001:34
Brachland

Brachland

Wir gruben deine Asche im Brachland aus.
Zerstreuten sie in den Kalkwäldern
und Zigeunerstädten.
In der heißen Wüste deiner Zweifel,
waren die Dünen auf die wir kletterten
um den Horizont zu sehen,
scharf wie Dolche.
Doch bevor deine zögerliche Stimme,
die Entschlossenheit deiner Augen sabotierte,
in denen sich der Mond spiegelte,
während wir die Lügen der Götter auf den
schwarzen Wimpern des Himmels aufspießten,
gruben wir dich im Brachland aus.
Und wo wir die Asche verstreuten,
wuchs das Korn schneller,
während der Sommer wie Regentropfen
in tausend Kupferwannen roch und klang
und nach Wacholder schmeckte.
Kerim Mallée
Jan 28, 202000:45
... dass die ganze Welt es sieht.

... dass die ganze Welt es sieht.

Wir feiern unser größtes Fest,
in einer Wüste aus Glassplittern.
Noch einmal scheinen,
noch einmal glänzen.
Die Zunge wird zum Geigenbogen
und spielt ein letztes Lied,
bevor wir für immer schweigen.
Du strahlst zwischen deinen Schrammen.
Lachst als wäre Schmerz nicht existent.
Du benutzt dein Blut als Lippenstift
und siehst so schön aus wie noch nie.
Du tanzt.
Wie leuchtende Sternschnuppen
über den Nachthimmel.
Noch einmal scheinen,
noch einmal glänzen.
So hell,
dass die ganze Welt es sieht.
Kerim Mallée
Jan 27, 202000:57
In dieser Stadt

In dieser Stadt

Die Zeit einzuschätzen, war einfacher
Als man noch geraucht hat.
Als die plattgetretenen Filter und Stummel auf
Dem Boden Zeugnis ablegten,
Darüber wo und wie lange man wartete.
Vielleicht darauf,
Dass die Tage einander wichen,
Weil der Kalender an der Wand,
Letzten Endes auch nur eine ToDo-Liste mit
365 Feldern ist.
— So wie die abgebrannten Stummel im Gleisbett,
Zeugnis darüber ablegen, wieviele Züge
Es dauert, bis zu dem einen,
Mit dem man geht und der nie pünktlich ist,
In dieser Stadt.
Ein paar mal im Jahr kommt man noch zurück,
Aber nur, um bald schon wieder genug zu haben.
Man begutachtet den Ort, an dem man aufwuchs
Und stellt fest, dass man ihm immer mehr entwächst,
Wie einem Nimmerland ohne Piraten und Krokodile.
Wie einem zerlaufenen Paar Schuhe,
Das längst nicht mehr bequem ist.
Anfangs hat man noch gedacht, die Vergangenheit wäre
Wichtig, aber Vergangenheit ist Vergangenheit
Und die verschwindet nicht,
Nur weil man selbst es tut.
Die Freunde, die es seit damals noch gibt,
Die hat man immer noch,
Doch damit hat die Stadt nichts zu tun.
Die Freunde, die man aus den Augen verlor,
Sind jetzt irgendwo,
Doch damit hat diese Stadt nichts zu tun.
Diese Städte und Dörfer, sind allesamt ein
Sammelsurium an Hinterlassenschaften:
Vom Kirchturm, über die Straßennamen,
Dem alten Kino an der Ecke,
Das heute eine Kneipe ist—
Bis zu den Menschen in diesem Gebäude,
Die nach der letzten Vorstellung zu lange auf ihren
Sitzen verweilten und mit dem Fundament verwuchsen.
Es war gut fortzugehen,
Das ist der eine Punkt,
Wo man wirklich das tun sollte,
Was alle tun.
Denn die Uhr dreht sich weiter,
Auch wenn man stehen bleibt.
Auch die Züge,
obwohl sie immer zu spät kommen in dieser Stadt,
Halten nicht lange und
Das schlimmste wäre,
Immer noch hier zu sein,
Wenn man gehen muss.
Selbst zu einer Hinterlassenschaft zu werden,
In Stillstand zu verharren,
Dass sogar der Staub schneller ist
Und die Fugen schließt,
Zwischen der Nostalgie mit der man eingemauert ist:
Wie die
Zigarettenreste im Gleisbett
Und die Gespenster in den Kinosälen.
An die man nur denkt,
Wenn der Zug eben schon wieder zu spät ist
Und man jetzt beim Warten nicht mehr raucht,
Weil man es aufgegeben hat,
Wie auch eigentlich das Warten,
Bevor es zur Gewohnheit wurde.

Kerim Mallée
Jan 26, 202002:40
Bad Days
Jan 25, 202001:54
Rasierklingenballet

Rasierklingenballet

Ihre Schminke färbt die Tränen schwarz und sie malt damit ein Aquarell. Granat bröckelt ihre Wangen hinab, unter Augen aus gerissenem Obsidian. Ihre Zunge wird zum Schwert, damit werden Löcher in die Luft gespießt, die sie so zum Schwingen bringt, ein schrilles Pfeifen formt, das kleine, scharfe Schnitte auf mir hinterlässt. Wir sind Tänzer im Rasierklingenballet, begleitet vom Tinitusorchester und wenn der Vorhang fällt, ist Schweigen der Applaus.
Kerim Mallée

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Jan 22, 202000:51
Glücksdrachen

Glücksdrachen

Du bist ein Werk,
an Worten ewig und groß begonnen.
Worte,
endlos schon im Anfang.
Worte zum Erzählen
einer unendlichen Geschichte.
Worte die man nur mit
der Art von Schmetterlingsnetz
einfangen kann,
mit der deine Wimpern das
Sonnenlicht einfangen.
Mit deiner Stimme,
stellst du Bilder vor den Himmel
und erbaust so Welten,
in meinem Kopf.
Es ist ein Fallen,
von Nähe zu Nähe,
weil du in mir bist und mich trägst,
weil die Worte die in mir,
deinetwegen wachsen,
Flügel sind.
Ein Fallen,
von Nähe zu Nähe,
als würde man den Boden immer
bei sich tragen.
So fliegt man auf Glücksdrachen.
Kerim Mallée

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Jan 21, 202000:54
Blutbefleckte Schneeengel

Blutbefleckte Schneeengel

Wir tanzen Fäuste schwingend in der Asche unserer verbrannten Träume. Während unsere Federn glühen, tragen wir unsere blutigen Nasen und aufgeplatzten Lippen mit Stolz, als wären es Orden. Unsere nackten Füße sind schwarz vom Ruß, der als warmer Schnee die Stadt bedeckt. Und für diesen Moment verbleiben wir, als blutbefleckte Schneeengel und feiern tanzend, singend den Untergang der Welt.
Kerim Mallée

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Jan 20, 202000:46
Das Rätsel im Spiegel

Das Rätsel im Spiegel

Die Zeit kratzt die Worte,
Die nicht sein sollten,
Von den Wänden unserer Lungen
Wie schlechtes Graffity.
Der Motor stottert müde,
An den Hinterlassenschaften der
Letzten Saurier,
Während wir dem Horizont folgen,
Als würde er an einem Stock vor
Unserem Maultier baumeln.
Die Rücken schmerzen von den ständig
Selben Sitzpolstern,
Doch der Himmel bewegt sich,
Wie ein Chamäleon über Uhrzeiger klettert.
Und die Wellen am Strand umschmeicheln
Deine Knöchel,
Wie die der Engel in Bethesda.
Dein Lächeln gibt dem dröhnenden Gong
Die Melodie zurück und
Den lärmenden Becken ihren Inhalt.
Kerim Mallée

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Jan 19, 202001:01
Saurierleichen

Saurierleichen

Wieder ist man älter
Und mit einem, alle anderen auch.
Auf den Parkplätzen liegen ausgebrannte Autos,
Wie die auf dem Weg zum Wasserloch verendeten Saurier,
Ehe sie Erdöl und dann Tankfüllung wurden.
In der Neujahrsnacht war der Himmel am hellsten
Und Funken regneten auf die Häuserdächer,
Wie körperlose Geister, die Spaceshuttle-Teilen entfliehen.
Müde starrst du in die sternlose Nacht in deiner Kaffeetasse
Und eine Weile lang
Denkst du an gar nichts,
Dann denkst du an den Frieden,
Den Erschöpfung offenbart,
Den zauberhaften Zustand aus Müdigkeit und Stille und
Dem Bewusstsein an der Grenze zum Traum,
Wenn du dir gerade nicht den Kopf darüber zerbrichst,
Wo du hin musst,
Wieso und ob überhaupt.
Garnrollen kullern über den Boden,
Aber es ist nicht dein Job, die verlorenen
Fäden wieder aufzuwickeln.
Jetzt gerade nicht. Das hast du dir verdient.
Heroisch hast du gezeigt,
Dass du zwar gealtert bist, aber
Nicht so schnell, wie du dachtest.
Mitten in der Nacht hat diese Gelassenheit eingesetzt, die
Jetzt immer noch nachwirkt.
Mit verschwitzten Händen und großen Augen,
An Schornsteine geklammert, das Feuerwerk betrachtend,
Bist du selbst dem Ausbrennen noch einmal entgangen.
Du kochst noch mehr Kaffee,
Wie für lange Autofahrten und verschluckst ein Gähnen.
Egal wie weit man in seinen Träumen geht,
Nach dem Aufwachen hat man mehr Sand in den Augenwinkeln,
Als in seinen Schuhen und du hast noch etwas Weg vor dir.
Es ist erstaunlich, wie viel man in einer einzigen Nacht lernen kann:
— Dass du viele Lieder,
auch nach Jahren immer noch auswendig kannst.
— Dass auch dein steilster Weg kein unbezwingbarer Everest ist,
Wenn du nur kontinuierlich einen Fuß vor den anderen setzt.
— Dass man irgendwo hinter den Marmorstädten, immer noch
Zigeunerlieder kennt.
— Dass es nie zu spät ist, einen alten Freund anzurufen und du
Immer noch nicht vergessen hast, was Glück für dich bedeutet.
Du bist bereit loszugehen,
Vorbei an den Saurierkadavern und Spaceshuttle-Wrackteilen,
Und du wischst das letzte Jahr und alte Zweifel hinfort,
Wie Aschekrümel aus ansonsten leeren Akten.

Kerim Mallée


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Jan 13, 202002:34
Während niemand hinsieht
Jan 09, 202001:17
Allein auf der Hügelkuppe

Allein auf der Hügelkuppe

Du studierst die Welt,
erforscht das Leben,
kartografierst Träume
und versuchst die geheimen Botschaften
an den Unterseiten der Wolken zu entziffern,
aber am Ende bleiben nur sehr viele
Fragezeichen.
Und was dich zittern lässt,
sind nicht deine schwach umrissenen Ängste,
sondern dass deine Vorstellung vom
Glück so vage ist.
Mal ein Ort, viel zu oft eine Person
und manchmal reicht es,
das Richtige zu tun,
aber was richtig ist,
dessen bist du auch nicht sicher.
Nichts Konkretes im Schneesturm
und wenn du dann schließlich eine Stimme hörst,
die nach Wahrheit klingt,
musst du dich langsam umdrehen und dich entscheiden,
ob du das WAS oder das WOHER beantwortet wissen willst.
Meistens hast du aber nur die innere Unruhe,
ob eines undeutlichen Etwas,
das zu allem und nichts werden kann.
Eine vage Vorstellung davon, was gleich passiert,
aber einem Fremden beschreiben könntest du sie doch nicht.
Denn dafür ist sogar die allmächtige Sprache
nicht mächtig genug.
An manchen Tagen ist die Welt so eng,
dass es dir die Brust zuschnürt,
an anderen Tagen,
sind sogar deine Manteltaschen so weit,
dass du dir darin eine zweite Hand zum Halten wünschst.
Die blanken Landschaften liegen offener da,
als es unsere Geheimnisse jemals könnten,
selbst wenn wir wollten.
Manchmal ist das Leben wie ein Witz, den jemand
in den Raum gebrüllt und dort vergessen hat.
Aber das heißt auch, dass du triumphierst, wenn du lachen kannst.
Dass wir schon siegen,
wenn wir den Regen spüren, der in unsere Handrücken sticht und
Wenn wir in einer kalten Nacht Wärme spüren,
weil man in allen Fenstern Licht sehen kann,
während man allein auf einer Hügelkuppe steht.
Kerim Mallée


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Dec 23, 201901:48
Ein Atemzug in der Stille zwischen Regentagen

Ein Atemzug in der Stille zwischen Regentagen

Das zweitschlimmste ist,
im Fahrstuhl festzusitzen und nicht zu wissen,
wie man die Musik ausstellt.
Das schlimmste ist,
wenn man es irgendwann hinbekommt und dann merkt,
dass man sie vermisst.
Je näher du dem Kern kommst,
desto mehr häufen sich die Fragen
und selbst die ehrlichsten Seelen
kommen mit ihren Geständnissen
nicht mehr hinterher.
Das Kissen kann nur so lange deine Tränen schlucken,
bis du wieder Atem holen musst.
Die Luft riecht nach Benzin und Wechselspannung
in dieser hässlich schönen Welt.
Es gibt Tage,
da scheint mir die Welt voller Geheimnisse zu sein:
In den Schubladen alter Kommoden,
in den Taschen schmutziger Mäntel
und in der Blumenerde im Vorgarten
schlummern sie und warten darauf,
ausgegraben zu werden.
Je mehr die Oberfläche splittert,
desto mehr kommen unsere wahren
Qualitäten zum Vorschein.
Und unsere Stimmen sprechen Wahrheit.
Musik.
Ein Echo, das durch die Täler hallt,
dass ein Beben um die Erde wandert,
als würde die Welt in Wehen liegen.
Das die Wolken kitzelt und der Regen fällt
und fängt den Staub toter Sprachen,
die Erinnerungen an verschenkte Küsse,
den Salzgeruch des Meeres
und
noch in 70 Jahren,
werden die Alten davon reden,
wie deine Worte auf die Felder fielen
und von der Ernte ihres Lebens.
Kerim Mallée

Dec 18, 201901:48
Die toten Jungen unserer Heimatstadt

Die toten Jungen unserer Heimatstadt

Die Schatten an den Wänden
unserer Heimatstadt schweigen für immer.
Manchmal gibt es Menschen,
die einen solchen Eindruck hinterlassen, wenn
sie den Raum betreten, dass man im
Kopf ganze Gespräche mit ihnen führt und
Korrespondenzen,
nachdem sie den Ort, an dem man ist
bereits verlassen haben,
oder man selbst den Ort verließ,
an dem sie waren.
Ohne, dass man auch nur einen Namen kennt.
Man begegnet ihnen in Bibliotheken,
in Kinos und an Autobahn-Raststätten.
Sie tragen ungewöhnliche
Kleidung oder welche die so nichtssagend ist,
dass es einen umso mehr überrascht.
Einige strahlen das volle Leben aus,
andere eine ungewöhnliche Leere.
Es ist eine Differenz zwischen ihrer Haut
und ihrem Inneren, das sich entweder
weit hinter diese zurückgezogen hat,
oder viel mehr Raum einnimmt und
außerhalb des Körpers im Zimmer alles verändert,
wie ein Loch, aus dem es von der Decke tropft.
Sie schweigen,
sie beobachten
und sind im Aufbruch begriffen.
Die toten Jungen unserer Heimatstadt,
die an anderen Orten unter anderen Namen leben,
können nicht mehr sprechen und sagen
doch so viel, da sie
uns mit ihrem Verschwinden kalt erwischt haben.
Man ist sich nicht sicher,
ob das Vakuum, das sie hinterlassen,
größer oder kleiner ist, als man es erwartet hätte.
Manche Dinge kann man sich nicht vorstellen,
kann man nicht beschreiben, bis man sie erlebt hat.
Und am Ende ist man sich überhaupt nicht sicher,
was man denn erwartet hat.
Wie viel Wärme im unbeachteten Baum am Wegrand steckt,
kann einen erst die Asche lehren.
Bei manchen Menschen ist es so ähnlich,
obwohl sie, anders als die Bäume,
Stimmen haben,
Ohren jedoch,
sind seit jeher Mangelware in der Welt.

Kerim Mallée

Dec 15, 201902:09
Die Umrisse vergessener Träume

Die Umrisse vergessener Träume

Wirklich kannten dich die Leute nur von weitem.
Aber sie wussten:
Du hast deinen Mut vor langer Zeit verloren
und was Vulkane waren, ist nur noch die Glut
eines erloschenen Lagerfeuers.
Erinnerungen an eine Hitze,
die die Philosophen ins Schwitzen bringt,
wenn du sie ohne zu blinzeln anschaust,
wie eine Kamera-Linse,
bis ihnen klar wird,
dass du alles an ihnen erkennst und dass
ihre Version der Wahrheit nicht deine ist.
Du wusstest Dinge und kanntest Geheimnisse.
Du wusstest, was in den Momenten passiert,
in denen die Leute ihre Träume vergessen.
Bis du dich eines Tages nach dem Aufwachen,
selbst nicht mehr erinnern konntest.
Jetzt hast du Kopfschmerzen von zu viel Eiskreme
und würgst mittlerweile die Lieder hervor, die
einst dein Herz berührt haben.
Doch in der Tasche spürst du immer noch die
Fahrkarte an einen besseren Ort und du
willst nicht wahrhaben,
dass es das gewesen sein soll.
Du hast mal ein Geschenk erhalten und
fühlst dich immer noch gesegnet.
Das Feuer ist aus.
Aber noch kannst du die Wärme spüren.
Kerim Mallée

Dec 09, 201901:31
Als der Rauch sich legte

Als der Rauch sich legte

Besseres Mikrofon. Ich hoffe, dass ich die Qualität weiter verbessern kann.



Dec 04, 201901:19
Man lernt nie aus...

Man lernt nie aus...

Man lernt nie aus…

Manche Gedanken sind sehr kraftvoll.
Sie heben die Schädeldecke aus den Angeln.
Schießen dir wie ein Blitz in den Kopf
und hinter den hochgezogenen Augenbrauen,
dem Rücken der sich gerade streckt und dem Lächeln,
das sich auf deinem Mund langsam abzeichnet,
ist der Sitz deiner Seele dem Hagel und dem Regen offenbart.
Du hältst inne, denn die Welt ist wie verzaubert.
Hältst inne, um zu verstehen,
formulierst deine Wahrheiten immer wieder als Fragen,
um den Geschmack ihres Klangs mit der Zunge zu testen.
Ein einzelner Gedanke,
so kräftig, als wäre es der einzige Gedanke,
den du jemals gedacht hast,
reicht um deinen Blick zu schärfen
und mit einem Mal die richtigen Fragen zu stellen.
Und während du zunächst noch wacklig wie auf Stelzen gehst,
werden deine Schritte immer zielstrebiger,
weil du weißt was du willst.
Doch von Zeit zu Zeit musst du immer noch weinen,
wegen den Dingen, die du nicht verstehst,
wegen den Städten, in denen du niemals warst,
den Menschen die du nicht kanntest
und den Häusern die du nie betreten hast,
die aber dennoch so nah an deinem Herzen liegen.
Letztlich hast du doch immer etwas mitgenommen von den Sternen,
auf denen du nach Leben gesucht hast,
auch wenn es nur das Lichtermeer der Nacht
aus einem leicht verschobenen Blickwinkel war.
Du bist nicht zu hundert Prozent sicher,
wovon es ausgelöst wird,
aber du weißt wie es anfängt:
Deine Stimme wird leise und eine Spur von Neugier schleicht sich ein.
Ein simples Vergnügen entwickelt sich weiter.
Vielleicht ein Gespräch, das so gut ist,
dass sich ein unspektakulärer Ort in eine heilige Stätte verwandelt.
Der Boden ist plötzlich weicher unter den Füßen
und man fühlt sich, als würde ein unsichtbarer Freund
neben einem gehen und
auch wenn man allein ist, ist man doch nicht einsam.
Man stellt fest, dass man sich selbst genügt.
Und das “da draußen”, das so gefährlich schien,
erschließt sich einem plötzlich,
die Mysterien der Nachbarschaft,
scheinen ihrer Entdeckung näher als zuvor.
Tränen weichen einem spontanen Lachen,
das noch lange in einem Lächeln nachglüht.
Du ranntest durch Gärten und über zertrampelte Gräber
und dann bleibst du stehen,
weil du nicht mehr weglaufen musst.
Mit rasendem Herzen ziehst du den Atem in deine Lungen
und das Blut rauscht durch deine Adern.
Und nach all den Ultimaten zwischen Kartenhäusern,
die viel zu hoch gestapelt waren,
ohne das Gewicht der gestohlenen Schlüssel zu Dachböden und Kellertüren,
in deiner Tasche,
bist du dankbar dich geirrt zu haben.
Desorientierung weicht Euphorie
und einer Unfähigkeit, dieses schiere Glück in Worte zu fassen.

Kerim Mallée

Dec 02, 201903:13
Morgen ist auch noch ein Tag

Morgen ist auch noch ein Tag

Morgen ist auch noch ein Tag

Manchmal hast du Fragen, die du
dir erst nach Jahren beantworten kannst,
dafür dann umso leichter.
Viele der falschen Entscheidungen sind Puzzleteile
einer Landkarte deines Lebens,
die später ihren Platz finden.
Es gibt nur wenige Dinge, die wir wirklich brauchen:
Wir müssen essen, trinken, schlafen
und brauchen menschliche Nähe.
Nicht wenn wir uns diese Dinge vermeintlich verdient
haben, sondern wenn wir sie nötig haben.
Alles andere ist unter der Würde,
eines jeden Menschen.
In den Momenten, in denen die Ratlosigkeit am größten ist,
du verloren durch die Städte irrst und
deine Blessuren sich verfärben wie der Tag,
wenn er zum Abend wird,
du gleichzeitig allein sein willst und dass
die Einsamkeit ein Ende hat,
du fast schon katatonisch wirst...
wo Landschaften verschwinden,
bleibt das vom Selbst, was wirklich zählt.
Keine Mythen,
keine Legenden falscher Heldentaten,
denn dass du immer noch da bist, ist die größte
aller Heldentaten, nachdem du so oft das
Handtuch hättest werfen können.
Dann begreifst du deine wahre Stärke
und dieses Glück ist wie ein Diamant,
den nichts zerkratzen kann:
Nicht der schmutzige U-Bahn-Waggon am
Ende eines Tages, an dem alle Pläne schiefgingen,
nicht die Ratten im Gleisbett,
das nach Staub, Zement und Pisse stinkt
und auch nicht das Gedränge der Menschen, das
dich eben noch fast klaustrophobisch stimmte.
Der Kontrollverlust ist nicht immer unausweichlich und du
kommst nicht drumherum, dass dir die Verzweiflung
in die Knie schießt und Schwindelgefühle in den Kopf,
während dein Körper nicht weiß, ob ihm heiß ist oder kalt.
Aber du hast diese unglaubliche Kraft,
diesen beeindruckenden Vorrat lebendigen Willens,
der so leicht zu wecken ist,
durch eine freundliche Berührung,
ein Lächeln, Dinge,
die Spuren hinterlassen, wie Efeu auf der Haut,
wie ein einzelner Finger und das Meer,
das sich in dir teilt, wenn er den Sand trifft.
Gib nicht zu früh auf,
Denn danach ist man immer schlauer
denn jedes Danach, bis auf das letzte, ist ein weiteres Davor,
aus dem man wieder lernen kann.
Es ist das Schwerste und das Schönste, dass du
erst ganz am Ende weißt, wer du warst.
Und, weil so vieles aus den eigenen Fehlern entspringt,
warum nicht auch Hoffnung?
Kerim Mallée

Dec 02, 201902:50